Die „Wilde Vertreibung“ der Deutschen aus Saaz

Wilde Vertreibung? Ausbruch des Volkszorns? Nein. In Wirklichkeit kam es zu diesen Übergriffen und Massakern keineswegs unterhalb der Kontrolle verantwortlicher tschechischer Staatsorgane. Die systematische Planung und zentrale Leitung der Aussiedlungsaktionen „von oben“ spielte in den ersten Nachkriegsmonaten des Jahres 1945 eine wichtigere Rolle, als man ihr bisher zuschrieb. „Wild“, „spontan“ oder „nicht organisiert“, wie später behauptet, waren sie zu keiner Zeit.

Historische Ansicht der ehemaligen Kaserne in Postelberg

Genau wie in anderen Städten in der Republik, begann auch in Saaz die „Abrechnung“ mit den Deutschen. Nach der Übergabe der Sowjetarmee am 2. Juni gingen am nächsten Tag die Mitglieder der Svoboda Armee, die sog. Revolutionsgardisten und bewaffnete Zivilisten durch die Stadt. Sie durchsuchten alle Wohnungen. Alle Männer von 13 bis 65 Jahren mussten sich am 3. Juni dem Ringplatz einfinden. Es waren ca. 5.000 Männer. Es waren also von Anfang an zwei Kolonnen, links und rechts der Dreifaltigkeitssäule angeordnet. Die Kolonnen marschierten Sechserreihen unter Bewachung von berittenen Soldaten nach Postelberg und kamen dort erst am Nachmittag an. Dort wurden sie in der Kaserne ausgepeitscht und gefoltert, es gab öffentliche Hinrichtungen. 1947 wurden aus Massengräbern 763 Skelette exhumiert. Diese Konzentration führten in Saaz die Mitglieder der ersten tschechoslowakischen Division aus, unter Befehl von Hauptmann Černý und Hauptmann Jan Zícha, der als Nachrichtenoffizier den Namen Petrov hatte.

Kein Deutscher durfte in seiner Wohnung bleiben. Es wurden mehrere Sammellager errichtet: I. in der Schwimmschule, II. im Schützenhaus, III. in den ehemaligen SS Kasernen und im IV. im Haus Vratislav (Fröschl). Die Internierten wurden zum Arbeiten eingeteilt und mussten abends in die Lager zurückkehren. Sie mussten eine weiße Binde tragen, auf der ein „N“ (Deutscher) stand, und durften nur zu gewissen Zeiten, die vorher bestimmt wurden, etwas einkaufen. In Postelberg kam es zu Massenexekutionen.
Von den tschechischen Einheiten der OBZ wurden auch an weiteren Orten im ganzen Saazerland Gewalttaten an den Deutschen verübt, die inzwischen dokumentiert sind. Der Heimatkreis hat darüber im Jahre 2013 eine Dokumentation in Buchform herausgegeben „Versöhnung durch Wahrheit“ , die in einem Leipziger Verlag 2022 neu verlegt wurde.

Zusammenstellung der Transporte am Saazer Bahnhof

Die organisierte Vertreibung begann in Saaz am 12. Februar 194 6direkt aus den Sammellagern. Die Züge hatten 40 Waggons mit mindestens 30 Personen, es wurden also ungefähr 1.200 Personen pro Zug befördert. Jeder durfte nur Gepäck bis zu 50 kg mitnehmen. Wertsachen, Schmuck oder Gold und Wertpapiere wurden für den Staat konfisziert. Die ersten Transporte gingen in die amerikanische Besatzungszone und im Juni auch in die sowjetische. Insgesamt wurden aus Saaz bis Herbst 1946 23 Transporte mit 27. 856 Deutschen in die Besatzungszonen durchgeführt. Am 1. November 1946 waren nur noch ca. 2.000 Deutsche im Saazer Landkreisreis.

Weitere Informationen zu der „Wilden Vertreibung“ auf folgender HOMEPAGE

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