
Johannes von Saaz war 1383 Stadtschreiber und Notar in Saaz (civitatis notarius) und in diesem Jahr legte er das Saazer Stadtbuch an, ursprünglich eine bloße Urkundensammlung, später auch mit erzählenden Einträgen. Außerdem war er Leiter der Saazer Lateinschule (rector scholarium). 1411 – also nach über 35-jähriger Tätigkeit – gab er seine Ämter in Saaz auf, um in der 1348 gegründeten Prager Neustadt erster Notar und Stadtschreiber zu werden. Zwei Jahre später – 63-jährig oder älter – erkrankte er schwer und starb zwischen Juni 1414 und April 1415. Er hinterließ fünf Kinder und eine Witwe namens Clara.


Er war der Verfasser des „Ackermann aus Böhmen“, das um das Jahr 1400 entstanden ist. Der „Ackermann“ gilt als erstes Prosawerk in neuhochdeutscher Sprache. Der Ackermann aus Böhmen beklagt den Tod seiner Frau (Holzschnitt, vor 1480)
Der „Ackermann aus Böhmen“ ist die in 34 Kapitel gegliederte Klage eines Ackermanns gegen den personifizierten Tod anlässlich des schmerzlichen Verlustes seiner jungen Frau. Der Libellus Ackermann,
das Ackermannbüchlein, wie der Autor den Text selbst genannt hat, belegt den humanistischen Einfluss und das hohe Bildungsniveau im vorhussitischen Böhmen. Als erster volkssprachiger Text zeigt er zudem das Heranwachsen eines lesekundigen Bürgertums, das zwar nicht Latein konnte und dennoch starkes Interesse an der schönen Literatur hatte. Daran, dass er in deutscher Sprache verfasst wurde, erkennen wir die Existenz einer großen deutschsprachigen Gemeinde in Saaz und Nordböhmen mit hohen Bildungsambitionen.

Es wird oft die Frage gestellt, ob der „Ackermann aus Böhmen“ für Tschechen und Deutsche die gleiche Bedeutung hat. Ich denke ja. Wenn das heute nicht immer so gesehen wird, ist dies Schuld einer deutschnationalen Propaganda, die Johannes von Saaz vereinnahmt und politisch missbraucht hat. Dahinter steckt das große Missverständnis, das Erstarken der Volkssprachen in Literatur, Bildung und Religion, sei eine Art „Nationales Erwachen“ gewesen. In Wirklichkeit waren es vornehmlich religiöse und soziale Gegensätze, die damals zu politischen Konflikten führten.
Zu Beginn des 15. Jahrhunderts studierten die Absolventen der Saazer Lateinschule meist an der Prager Universität. Dort fühlten sich viele tschechische, aber auch einige deutsche Studenten von den Ideen des Reformators Jan Hus angezogen. Durch sie verbreiteten sich diese Gedanken auch in der Stadt Saaz. Und so begann ein neues Kapitel in der Geschichte von Saaz.
