Die zwanziger Jahre sind aber auch gekennzeichnet vom Streben nach einer Zusammenarbeit, wir benutzen dafür den Begriff Aktivismus.

Diese aktivistische Politik in den zwanziger Jahren war gekennzeichnet durch die Bemühungen, die Sudetendeutschen in die erste Republik einzubinden. Heute würde man sagen: zu integrieren. Zu den aktivistischen Parteien gehörten unter anderem die deutsche Agrarpartei, die deutschen
Sozialdemokraten und die deutsche Christlich-Soziale Partei.
Lebten im Jahre 1900 nur 430 Tschechen in der Stadt, so waren es jetzt wieder weit über dreitausend. Die nationale Agitation war in der Tschechoslowakei auf deutscher wie auf tschechischer Seite allgegenwärtig. Seit 1926 beteiligten sich aber auch deutsche Politiker an den tschechoslowakischen Regierungen. Die nationalen Gegensätze schienen sich vordergründig im Laufe der Zeit etwas zu entspannen.
In der Tat gab es trotz der nationalen Spannungen sowohl in der Habsburger Monarchie als auch in der neu gebildeten Tschechoslowakei vielfältige Kontakte, Zusammenarbeit, Freundschaften und Ehen zwischen Deutschen und Tschechen. Dies ist angesichts der Eskalation des nationalen Konfliktes heute weitgehend in Vergessenheit geraten.
In der Zwischenkriegszeit war die Tschechoslowakei eines der fortschrittlichsten Länder Europas geworden. Sie gehörte zu den stärksten Industriestaaten des Kontinents, wobei die Schwerindustrie eher im Landesinnern angesiedelt war, während in der überwiegend von Deutschen bewohnten Grenzregion Leichtindustrie vorherrschte.

Der Hopfenhandel war zu dieser Zeit die treibende Wirtschaftskraft in Saaz, aber auch viele andere Unternehmen beteiligten sich am Aufschwung nach dem Krieg. Mit dem Hopfenhandel wuchs die jüdische Bevölkerung der Stadt zahlenmäßig und hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Die vermögenden Juden bauten in der Stadt repräsentative, architektonisch bedeutsame Häuser und Hopfenmagazine , die noch heute erhalten sind. Dies hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Saaz Hopfengegend im Jahre 2023 in das Weltkulturerbe der UNESCO eingetragen wurde.

Der Saazer Hopfenhandel und seine steinernen Zeugnisse
Vortrag von Otokar Löbl bei der internationale Tagung Monumenta VIVA in Prag (Vyšehrad) am 3. Dezember 2015 zum Thema „Pflege des Kulturerbes im Gebiet des ehemaligen Sudetenlandes“